Trends und Zukunft von Industriebetrieben

31.08.2015

Ján Minár, (Strojárenstvo/ Strojírenství) 7-8/2015

Die Veranstaltung Digitálny podnik 2015 /Digitaler Betrieb 2015/ hat bereits zum achten Mal außerordentlich aktuelle Fragen zur Ausrichtung und Entwicklung der Industrie, heiße Themen der Zukunft von Betrieben und anstehende Veränderungen in der Produktion. 

DIGITAL FACTORY 2015Der Hauptorganisator und Fachgarant der zweitägigen Veranstaltung war die CEIT Group aus Žilina. Die Zukunft der Betriebe und Produktionssysteme, eine neue Generation in der Industrieautomatisierung, Co-Worker, intelligente Produktion, Forschung und Innovationen, der Weg zu Industry 4.0, modernste Technologien und Lösungen mit dem gemeinsamen Nenner „digitaler Betrieb“. Diese Thesen räsonierten in den Präsentationen, Diskussionen und Workshops, an denen 170 Fachleute von Industrieunternehmen und aus dem Universitätsumfeld teilnahmen.

Konzept INDUSTRY 4.0 und digitaler Betrieb

Mit dem tragenden Gedanken des ersten Tags der Konferenz – dem Konzept INDUSTRY 4.0 – haben sich praktisch neunzehn Fachvorträge beschäftigt. Der einführende Vortrag brachte gleich das Thema des digitalen Betriebs auf den Tisch, einschließlich der visionärischen Voraussetzungen, die Herr Professor Milan Gregor von der CEIT Group vortrug. Der Präsident des Slowakischen Automobilindustrieverbandes, Professor Juraj Sinay hat danach über die Automobilindustrie als Motor für die Digitalisierung der Betriebsprozesse gesprochen.

Auch ausländische Gäste fehlten nicht. Dominic Ngu­yen von der amerikanischen Botschaft repräsentierte die Vereinigten Staaten als eine digitale Großmacht. Der Privatsektor investiert jährlich ungefähr 330 Mrd. USD in Wissenschaft und Forschung, der staatliche Sektor steuert ca. die Hälfte  dieser Summe bei. Ein riesiger Unterschied zwischen der USA – EU und der Slowakei ist aus dem Anteil des BIP an Wissenschaft und Forschung zu sehen: 3 % – 1,9 % – 0,83 %. Pent­ti Eklund aus dem finnischen technischen Forschungsinstitut VTT hat die dortige Initiative und die Forschung im Zusammenhang mit dem digitalen Betrieb näher gebracht.

Die Problematik der staatlichen Förderung von Forschung und Innovationen präsentierte Martin Rybár von Deloitte. Zum Beispiel gibt es in Tschechien einen nachträglichen Abzug der R&D-Kosten (Wissenschaft&Forschung – Anm. d. Red.)  von der Steuerbemessungsgrundlage in Höhe von 100 % mit Übertragung des Anspruchs auf drei Jahre. Im Jahr 2007 haben diese Möglichkeit 574 Subjekte genutzt, aber 2012 waren es bereits 1 029 Subjekte. In Litauen sind dies sogar 200 % und zwar so, dass die Übertragung des Anspruchs unbeschränkt ist …

DIGITAL FACTORY 2015

Deloitte empfiehlt der Slowakei den nachträglichen Abzug der R&D-Kosten von der Steuerbemessungsgrundlage von der derzeitigen Förderung (Abzug von 25%), mindestens auf 100 Prozent zu erhöhen. Ein weiteres Förderungswerkzeug können „Patentboxen“ sein – eine günstigere Besteuerung von Lizenzen und Gebühren zum Beispiel nach dem Vorbild von Ungarn, Großbritannien u. ä.

Durch die Präsentation von Martin Morháč, dem Direktor der Firma SOVA Digital konnten sich die Konferenzteilnehmer in Gedanken auf einen Spaziergang durch einen digitalen Betrieb begeben.

Am Nachmittag wurde die Palette der weiteren Fachvorträge parallel in zwei Blocks unterteilt, im Rahmen welcher die Vertreter und leitende Manager bedeutender slowakischen und ausländischer Unternehmen konkrete Lösungen aus der Praxis von Industriebetrieben wie Matador, IPM Solutions, Transcat, Škoda Auto Mladá Boleslav, Siemens, Mesnac, Spinea, Klaster AT+R, Danfoss Power So­lutions, J. P. Plast, Eltek, Uavonic, Ipesoft und nicht zuletzt der CEIT Group näher brachten. Sie stellten die Nutzung der Werkzeuge des digitalen Betriebs, die Art und Weise vor, wie aus der Vision von Industry 4.0 schon heute etwas herausgeholt werden kann, wie Probleme progressiv gelöst und die Konzeption des digitalen Betriebes erfüllt werden kann. Davon, dass die Konferenz aktuelle Themen auf den Tisch gebracht hat, zeugen sowohl die zahlreichen, an die vortragenden Fachleute gerichteten Fragen, wie auch die lebendigen, spontanen Diskussionen der Veranstaltungsteilnehmer.

Außer den Fachvorträgen und der Podiumsdiskussion bietet die Konferenz regelmäßig auch einen Raum zur Lösung von praktischen Aufgaben in Form von Workshops. Auch in diesem Jahr war dies nicht anders, der zweite Konferenztag war gerade zur Präsentation konkreter Lösung vorbehalten.

AUTOMOTIVE – Zugpferd der Innovationstrends

Der Präsident des Slowakischen Automobilindustrieverbandes /ZAP SR/ Juraj Sinay führte einführend an, dass weltweit real in der Automotivbranche 103 Mrd. USD in Wissenschaft und Forschung und weitere 25,5 Mrd. in der Luftfahrt- und Verteidigungsbranche investiert werden (Angabe von 2013 – Anm. d. Redaktion). gerade in diesen Branchen gruppieren sich dann die aktuellsten sophistizierten Outputs, die auch von den übrigen Industriebranchen genutzt werden.

DIGITAL FACTORY 2015Die drittgrößten Innovatoren der Welt sind gerade Automobilhersteller, die ersten beiden Plätze gehören dem medizinischen Sektor und der IKT. Neu ist jedoch, dass sich die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten immer mehr auf die Lieferanten verschieben und dies auch für unsere Länder neue Chancen eröffnet. Das 20. Jahrhundert in mit der Integration des Automobils und des Computers zu Ende gegangen. Weitere Applikationen und Herausforderungen sind aber nicht nur eine Frage der Entwicklung, sondern auch des realen Zugangs zu bestimmten Rohstoffen.

Die Anforderungen an die Hersteller und Lieferanten konzentrieren sich heute auf die Akzelleration von Modifikationen und die Diversifikation des Produktportfolios – die Originalausrüstungshersteller (OEM) verkürzen die Lebenszyklen ihrer Produkte und erweitern bei den Kraftfahrzeugen die Konfiguration. Wir sind Zeugen davon, dass Kraftfahrzeuge mit digitalen Technologien auf den Markt kommen – die Integration und Hardware und Software im Kraftfahrzeug stellt einen dominanten Akzellerator für die Steigerung der Funktionalität dar. Im Rahmen des Produktionsprozesses erfolgt die Digitalisierung aller Operationen – Lösungen zur schnellen Entwicklung und Produktion mit dem Ziel, sich einen Konkurrenzvorteil zu sichern. Wie Sinay anmerkte erfolgt die Einführung der Digitalisierung der einzelnen Prozesse in der Produktion der Automobilhersteller heute durch eine Steuerungssoftware auf allen Ebenen des Produktionsprozesses, in den Antrieben, Sensoren; und dies alles zu Lasten klassischer mechanischer Teile.

Das Konzept Industry 4.0 in der Automotivbranche ist eine intelligente Fabrik (Smart factory), wo die Produktion auf den Prinzip des digitalen Betriebs basiert. Eine solche Fabrik kann außer der Simulierung und Planung eine effektive Verkürzung der Produktionszeiten umsetzen, flexibel auf die Kundenwünsche reagieren, eine hohe Qualität am Output erzielen und nicht zuletzt die Produktion weiter humanisieren.

DIGITAL FACTORY 2015

Dies setzt eine effektive Nutzung neuer Technologien voraus, z. B. von 3D-Druckern, Rapid Prototyping oder das Reversengineering – als Bestandteil des digitalen Betriebs. Bringen wir dies nun in die Anwenderebene, so bringt die Kommunikation bei dem Kraftfahrzeugbetrieb – die Anwendung digitaler Techniken und Technologien - Systeme für den autonomen Kraftfahrzeugbetrieb plus Assistenzleistungen für den Fahrer, eine Vernetzung der Kraftfahrzeuge mit der Möglichkeit der Kommunikation zwischen zwei Kraftfahrzeugen oder Kommunikationssysteme mit externen Partnern, wie z. B. Familie, Service, schnelle medizinische Hilfe.

Eine der Schlussfolgerungen der Strategie Industry 4.0 für die Bedingungen der Slowakei ist J. Sinay zufolge die Schaffung eines Zentrums für strategische Forschung und Innovationen für die Automobilindustrie – CSVI-AP SR nach dem Vorbild der deutschen Frauenhofer Gesellschaft. Diese verfolgt die Förderung von Technologien im Rahmen der Anwendungen des digitalen Betriebs unter den Bedingungen der Automobilindustrie in der Slowakei. Die Globalisierung der Automobilindustrie schafft Möglichkeiten für die Applizierung des Konzepts Industry 4.0 auch unter den Bedingungen der Slowakei.

Workshops sind anziehend

Außer den  Fachbeiträgen und Podiumsdiskussionen bietet die Konferenz regelmäßig auch Raum für die Lösung praktischer Aufgaben in Form von Workshops. Ebenso auch in diesem Jahr – der zweite Konferenztag war gerade der Präsentierung konkreter Lösung vorbehalten. Die meisten Teilnehmer gab es bei dem durch die CEIT Group organisierten Workshop, welcher auf moderne Werkzeuge zur Planung und Optimierung von Produktionssystemen ausgerichtet war.

Digital factory 2015   Digital factory 2015   Digital factory 2015

Auf die Frage, wie das Konzept des digitalen  Betriebes umgesetzt werden kann, gab einer der weiteren Workshops eine Antwort. Die Firma SCHUNK Intec mit Ursprung aus dem Entstehungsland von Industry 4.0 – Deutschland gehört zu den weltweiten Leadern im Bereich pneumatische und mechatronische lineare Greifsysteme. Der Geschäftsführer der slowakischen Firma, Herr František Jantoška stellte zusammen mit seinen Kollegen die aktuellsten, zum Konzept Industry 4.0 zählenden Lösungen vor. Die Firma hat das Potential, beliebige, auf Kundenspezifikationen basierende Lösungen in verschiedenen Kombinationen für die Produktion und die Logistik anzubieten. Die Teilnehmer des Workshops konnten „in natura“ die einzelnen Komponenten sehen, die das Portfolio für den Bereich Greifsysteme bilden. Heute sind die Greifsysteme SCHUNK nicht nur linear auf den Achsen X und Y beweglich. Davon konnten sich auf die Konferenzteilnehmer überzeugen, die die Möglichkeit hatten, sich näher mit dem Roboterarm mit sechs Freiheitsgraden, bezeichnet als Powerball Lightweight Arm LWA 4P, mit einem austauschbaren Greife mit einer Tragfähigkeit von bis zu 6 kg bekannt zu machen.

Die operative Produktionsplanung als Kernbereich des Funktionierens eines Betriebs war das Thema des Workshops, bei dem die Firma SOVA Digital die Vorteile und die Anwendung der Software demonstrierte, die ein Werkzeug zur Optimierung und Steigerung der Produktionseffektivität ist. Der Applikationsingenieur Dušan Šútora führte zu diesem Thema an, dass sie aufgrund der Vorgaben aus der Produktionspraxis diese Softwarelösung vorgestellt haben. Die Operative Planung ist nämlich ein Bereich, wo häufig über die Qualität und die Effektivität der Produktion entschieden wird. Die Manager der Produktionsoptimierung stehen oft vor komplizierten Aufgaben. Ihre Entscheidungen müssen sie deshalb alle Qualitätsattribute aufweisen. Das Softwarewerkezeug ist in diesem Fall ein Produkt von Siemens Tecnomatix, welches die Simulation von Entwürfen und Lösungen direkt während der Firmenprozesses erstellen kann. Die Arbeit mit der Software ist effektiv, flexibel und schnell.

ANASOFT präsentierte auf der Konferenz die bereits dritte Generation ihres MOM-Systems EMANS, dieses Mal als praktische Vorführung in einem simulierten Produktionsbetrieb, wo die Konferenzteilnehmer die Vorbereitung von Teilen aus dem Supermarkt, verschiedene Montagearbeitsplätze, die Paarung von Komponenten, die finale Monate oder die Outputkontrolle  ausprobieren konnten. Eine komplexe Übersicht über den Zustand der Produktion konnte außerdem auf einem der Bildschirm des System mit Fernzugang verfolgt werden, somit konnte der Manager des Produktionsbetriebes bequem die Erfüllung der einzelnen Aufträge von einem beliebigen Ort mit Internetzugang verfolgen. Zudem war am Stand von Anasoft eine einzigartige Möglichkeit der drahtlosen Produktionsabmeldung per Geste zu sehen, mit Hilfe der Kamera Microsoft Kinect. Der digitale Betrieb ist ein Konzept der Zukunft. Es bildet durchdringende Lösungen zur Planung und Steuerung von Produktionssystemen auf für die eigentliche Produktentwicklung an. Er eilt der Gegenwart voraus und stellt Trends in einer neuen Denkweise vor.

Vielleicht ein Ratschlag zum Schluss: Es lohnt sich, Veranstaltungen dieser Art zu besuchen!

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