Drei Akronyme, die jeder gute Produktionsleiter kennen sollte

02.11.2015

Drei Akronyme, die jeder gute Produktionsleiter kennen sollteIn der Mehrheit der Produktionsbetriebe stoßt man an verschiedene IT-Abkürzungen auf – SCM, WMS, APS, ERP, MES, CMMS, SCADA, QMS... Die Meisten von uns sind darüber verwirrt - ohne Zweifel auch die meisten Produktionsleiter. Die müssen sich vor allem um einen stabilen Ablauf der Produktion  kümmern, so dass die Erzeugnisse mit guter Qualität und in richtiger Art und Weise hergestellt und rechtzeitig an ihre Kunden geliefert werden.

Dies kostet in der Regel genug Zeit. Kein Wunder, dass die Suche danach, welche der IT-Systeme zum Erreichen dieser Ziele wirklich gefordert sind, sehr oft extrem schwierig ist.

Wir sprechen bloß über die Informationssysteme in der Produktion und Sie ahnen vielleicht richtig, dass jeder ihren eigenen Platz in der Produktion hat. Aber sind wirklich alle auch für Sie notwendig?

Eine gute Nachricht ist, dass Sie praktisch nichts brauchen. Die Produktion kann man auch ohne die Unterstützung von Informationssystemen bewältigen.

Es beginnt mit Excel...

Oft hören wir Witze zum Gebrauch der Tabellenkalkulation (ja, es geht um eine Gruppe, in die auch MS Excel, als eine der meist verwendeten Software für diesen Zweck, gehört):

„Dazu haben wir eine Excel-lente Lösung...“ – als eine nicht genügende, nicht geeignete, schlechte Lösung betrachtet. Oder – “Wir haben MES-System -  ‘Microsoft Excel Solution‘ eingeführt!“ – wieder als nicht genügendes, nicht geeignetes, schlechtes System betrachtet.

Hier steht man nicht vor einer Frage, ob man Excel verwenden oder nicht verwenden soll, sondern vor einer Frage, wozu man es nutzen kann. Excel-Applikation schafft heute erstaunliche Sachen und ich persönlich habe mich noch mit keinem Produktionsunternehmen getroffen, das Excel nicht verwenden hätte. Excel hat auch seine Einschränkungen und sobald die Tabelle Tausende von Zeilen, die Datei ein paar Dutzend Megabyte, eine Reihe von vorhandenen Benutzern und zahllose Varianten hat, fängt man schon an zu vermuten, dass seine Fähigkeiten überzogen wurden.

Erstes Akronym - ERP

Erster Bedarf kommt gewöhnlich von der Finanzabteilung – keine Tabellenkalkulation ist für Gehaltsabrechnung, Rechnungen und Buchhaltung ausreichend. Dieser Bedarf wird sehr oft auch durch Anforderungen von der Personalabteilung, Produktion, Logistik und vom Vertrieb erweitert – und hier taucht eine Ausschreibung zum ERP-System auf, das heißt, zum System für Unternehmensressourcen-Planung (Enterprise Resource Planning).

"ERP-System ist ein Instrument zur Verbesserung der Arbeitsabläufe, mit denen das Unternehmen aufgrund der angenommenen Bestellungen die Auftragsabwicklung der Kunden realisiert und  schrittweise auch zu ihrer Fakturierung und zu Erlösen kommt – ERP-System ist deshalb ein Instrument zur Verbesserung des Gesamtprozesses der Auftragsleistung.“ (Wikipedia)

ERP ist ein System in der höchsten Stufe der Betriebsleitung, das sich mit Zeitabständen auf der Ebene der Monate, Wochen, Tage, allerhöchstens Stunden beschäftigt.

 

Falls wir es ein bisschen komplizieren haben wollen, können wir anmerken, dass auf dieser Ebene - und oft als Bestandteil eines Pakets von Lösungen vom gleichen Hersteller – Lieferantenmanagement-Systeme (Supply Chain Management - SCM), Kundenbeziehungsmanagement-Systeme (Customer Relationship Management - CRM), bzw. Lagerverwaltungssysteme (WMS) oder Produktionsplanungssysteme (APS) sind...

Auswahl von einem ERP-System ist keine einfache Sache und in vielen Produktionsbetrieben dauert es mehr als ein Jahr, bis die "richtige Wahl" getroffen wird. Und ein anschließender Prozess der Anpassung an die neuen Regeln dauert manchmal länger als die eigentliche Auswahl...

Positionierung der Informationssysteme in der Produktion

Zweites Akronym – MES

Nach der Implementierung des ERP-Systems und nach dem Zusammenleben mit seiner Verwendung kommen in der Regel zusätzliche Anforderungen und Ideen zur Verbesserungen, bzw. zur Ergänzung der Implementierung in Frage. Sehr oft führen die ersten Schritte des Produktionsleiters in die IT-Abteilung mit einer Liste der Anforderungen wie z. B.: "Ich brauche den aktuellen Stand von Aufträgen in der Produktion zu sehen, ich möchte wissen, was für einen Schlupf,  wie viele Fehlerzeugnisse wir haben, welche Charge wir aus dem Lager als Erste nehmen sollen“, usw.

MES ist ein System, das in der Frist von Minuten bis Sekunden rechnet, mit Produktionsanlagen verbunden ist, Angaben aus der Produktion sammelt, sie auswertet und den übergeordneten Informationssystemen gewährt (z.B. ERP).

 

Und hier kommen wir auf die nächste Stufe des Produktionsbetriebs. Wenn der Produktionsleiter dem aktuellen Stand in der Produktion folgen will, braucht er den Stand der Produktionsanlagen, des Materials und der Arbeiter, die Herstellungsprozesse, den aktuellen Stand der Bestellungen in der Produktion, den Wartungsplan und viele andere Sachen zu überwachen.

In den meisten Produktionsbetrieben entwickelt sich die Situation in einer dieser Richtungen:

  • „Nun, Hurra, wir haben SAP-System, wir können es bereits auch verwenden, deshalb gewinnen wir daraus Maximum auch in der Produktion; nutzen wir es wie möglich." - eine logische Konsequenz aus dem bisherigen Verfahren, wenn der Produktionsbetrieb das Beste aus der nicht unbedeutenden Investition machen will. SAP-System nenne ich hier als ein typisches Beispiel des ERP-Systems, der heute weltweit zu den meist verbreiteten gehört. Im Prinzip geht es um eine gute Idee – ein Lieferant, weniger Probleme. Dies bedeutet aber, das Betriebssystem, das für die höchste Stufe der Betriebsleitung geeignet ist, in die niedrigere Stufen – näher zur Herstellung, „herunterzuziehen“ und es zu zwingen, in der Frist von Minuten und Sekunden nachzudenken.
    Im Prinzip ist es möglich, aber nur wenn man die Situation mit der Tatsache vergleicht, dass wir in die Stadt einkaufen, oder die Kinder morgens in die Schule mit dem LKW fahren wollten… Übrigens, jede solche Systemanpassung  bedeutet eine neue Kundenimplementierung und beim ERP-Übergang auf die höhere Version braucht man neue Re-Implementierung einer konkreten Lösung, was in der Regel weitere erhebliche Kosten benötigt.
  • „Lassen wir es von unseren IT-Speziallisten machen“ - dies sieht als keine schlechte Idee aus. Ein geschickter Programmierer in einem internen IT-Team kann oft eine schöne Lösung realisieren, dank deren man den aktuellen Stand der Herstellung überwachen oder Effektivität der Arbeiter auswerten kann.  Es bedeutet aber, Zeit für die Entwicklung und Umsetzung solcher Lösung als Zusatz zu den Standardaufgaben der IT-Abteilung auszugliedern und sowie das Risiko zu akzeptieren, dass zum Beispiel nach einer möglichen Personalabwechslung problematisch sein wird, diese Lösung weiter in Betrieb zu halten, zu verbreiten oder zu vervollkommnen. 
  • Für konkrete Anforderungen implementiert man allein stehende Lösungen – z.B. Qualitätsmanagementsysteme (QMS), Wartungssysteme (CMMS) oder Systeme der Gesamtanlageneffektivität (OEE). Auf den ersten Blick eine logische und sinnvolle Lösung. Aber mit dieser Lösung geraten wir in die Lage, wenn wir in der Produktion die Mehrheit von lokalen kleineren Systemen von verschiedenen Lieferanten haben, die etwas Anderes lösen und die nicht miteinander verbunden sind. 

Die Folgen der ersten Möglichkeit tauchen gewöhnlich dann auf, wenn man technischen Beschränkungen gegebener Lösungen oder finanziellen Limitierungen des Produktionsbetriebs begegnet.

Die Nichteignung der zweiten Möglichkeit kann sich so manifestieren, dass es oft sehr lange dauert, bis die gegebene Lösung in Betrieb eingesetzt wird, bzw. falls Probleme nach der Kündigung des Arbeiters eintreten oder die Lösung ganz fehlgeht.

Ein typisches Beispiel, das die Nichteignung der dritten Möglichkeit bestätigt, ist die Auswertung  der Systeme Gesamtanlageneffektivität (OEE). Eine verantwortungsbewusste Auswertung  von OEE verlangt detailierte Informationen über die Ursachen der Ausfälle, qualitative Mängel oder über die Dauer des Produktlebenszyklus der Anlagen. Genauso muss man die Fähigkeit der Geräteverwaltung, auf einzelne Ursachen des Ausfalls zu reagieren, in Betracht nehmen; es ist erforderlich, die Geschichte der Wartung von Anlagen zu kennen und über die Verfügung der Ersatzteile  informiert zu sein, usw. Alle diese Informationen sind zwar zur Verfügung, aber oft in verschiedenen Systemen oder Datenbanken (ERP, CMMS, QMS, u. Ä.). Es ist sehr zeitaufwendig und kostspielig, diese Informationen zu gewinnen und aus ihnen vollständige und bedeutungsvolle Ausgaben zu bilden.

Eine Entscheidung davon, welche der Möglichkeiten die richtige ist, ist nicht einfach. Aber alle führen im Prinzip zur Philosophie des MES-Systems.

„Fertigungsmanagementsystem (Manufacturing Execution System - MES), oder Produktionsleitsystem, ist solches System, das eine Anbindung zwischen dem Betriebssleitsystem (z.B. ERP) und den Systemen für die Fertigungsautomatisierung (der technologischen Prozesse).“ (Wikipedia)

Produktionsleitsystem – Manufacturing Execution System ist für den Bestandteil des Unternehmens bestimmt, den die Produktionsleiter abdecken  - es rechnet in der Frist von Minuten bis Sekunden, ist mit Produktionsanlagen verbunden, sammelt Angaben aus der Produktion, wertet sie aus und gewährt sie den übergeordneten Informationssystemen (z.B. ERP).

Komplexes System MES verbargt eine Lösung für vier Hauptbereiche: Produktion, Logistik, Qualität und Wartung, und oft kann sich mit der Mehrheit der in der Produktion bereits implementierten allein stehenden Lösungen verbinden und mit ihnen mittels standardisierter Interfaces kommunizieren.

Eine weitere Möglichkeit ist also ein komplexes Produktionsleitsystem MES. Diese Methode wählen heute aber nur die innovativsten Produktionsgesellschaften. Die meisten Produktionsleiter denken, dass es wieder um einen langen und teuren Prozess gehen wird,  wie die Implementierung vom ERP-System war. Das muss nicht weit von der Wahrheit sein. Es gibt wirklich ein paar große Lieferanten, die erfolgreich komplexe und qualitätsgerechte MES-Systeme gewöhnlich in großen übernationalen Korporationen (vor allem in der Automobilindustrie) implementieren. Natürlich entsprechen Preise solcher großer Systeme der Kundengröße, für die sie geeignet sind…

Ein weiteres Hindernis ist der Funktionalitätsbedarf – z.B.  „Ich brauche nur ja zu wissen, wo genau sich das Material in der Produktion befindet. Dazu brauche ich doch kein kompliziertes MES-System“ – Es stimmt. Dazu braucht man kein komplexes MES-System, nur seinen Bestandteil

Bei der Betrachtung der Entscheidung über den Ausbau des MES-Systems sind (mit Ausnahme seiner  Vorteile) zwei Erkenntnisse wichtig:

  1. MES-System kann man stufenweise einführen: entweder einzelne Module oder ausgewählte Funktionalität oder auf einzelne Arbeitsstätte oder Fließbandfertigungen. Falls man in solche fortlaufende Einführung richtig investiert, das Spargeld, das einzelne Etappen der Implementierung mitbringen, kann man als Investition in weitere Etappen verwenden, womit man ein komplexes MES-System einführt, das anschließend den gewünschten Zustand in Betrieb halten wird und mit Hilfe dessen es möglich wird, eine dauerhafte Entwicklung des Unternehmens  zu leiten.
  2. Dank lokaler Hersteller wurden heutzutage die MES-Systeme auch in viel kleineren Unternehmen, wie Automobilgiganten sind, eingesetzt. Die Angst vor unvorstellbaren Preisen oder Nichtverfügbarkeit einer flexiblen lokalen Unterstützung, sind nicht mehr angebracht.

Drittes Akronym – MOM

Heute hört man oft statt MES- von MOM-Systemen. Dieses Akronym wurde nur kürzlich eingeführt, da es, was den Sinn betrifft, die Herstellungsproblematik besser erfasst. MES spricht wortwörtlich von der Effektuierung der Herstellung, da MOM ein System zum Verwalten von Herstellungsvorgängen ist.

Um es nicht noch komplizierter zu machen, einfach gesagt – MES und MOM bedeuten heutzutage eigentlich das Selbe.

Bei der Entscheidung, auf welchem Wege die Produktionsfirma gehen wird, ist wichtig bewusst zu werden, dass es keine universelle Lösung gibt, ins Ziel richtig zu kommen. Und es ist manchmal sehr anspruchsvoll, die richtige Art und Weise auszuwählen. Externe Fachberater können dabei sehr behilflich sein – je mehr, desto reicher ihre Erfahrungen aus ähnlichen Firmen sind.

Und Ziel? Das sollte klar sein – ein Qualitätsprodukt, zurzeit und in richtiger Art und Weise herzustellen. Falls wir es erreichen und behalten wollen, jeder Weg, den wir auswählen, führt zur Unterstützung optimierter Prozesse mit Hilfe eines komplexen MES/MOM-Systems. 

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